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Viele Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Fibromyalgie, hormonellen Störungen oder auch unter Medikamenteneinnahme kennen das Gefühl: Schon ein Spaziergang, etwas leichte Gymnastik oder Treppensteigen können dazu führen, dass der ganze Körper sich anfühlt, als wäre er verprügelt worden. Muskeln schmerzen, Gelenke sind steif, die Erschöpfung ist überwältigend. Doch was steckt dahinter – und wie kann man dem begegnen?
Wer ist betroffen – und warum?
Anders als bei gesunden Sportlern geht es hier nicht um „normalen Muskelkater“. Bei Fibromyalgie etwa verarbeitet das Nervensystem Reize überempfindlich – jeder Impuls wird verstärkt. Hormonstörungen wie z. B. in den Wechseljahren beeinflussen den Schlaf, die Regeneration und die Schmerzschwelle. Auch Medikamente können Stoffwechselprozesse verändern oder Muskeln schwächen, sodass selbst kleine Belastungen übermäßig anstrengend wirken.
Das Ergebnis: Bewegungen, die eigentlich wohltuend sein sollten, lösen ein massives „Überlastungsgefühl“ aus.
Was passiert aus neurozentrierter Sicht?
Das Nervensystem ist die Schaltzentrale, die jede Bewegung bewertet. Bei chronischen Erkrankungen ist es oft dauerhaft gestresst. Schmerz ist dabei nicht gleichbedeutend mit Schaden – er ist in vielen Fällen ein Schutzsignal.
Das Gehirn entscheidet fortlaufend: „Ist diese Belastung sicher?“ Wenn Unsicherheit besteht, schickt es Warnsignale wie Schmerz, Muskelspannung oder Müdigkeit. Auch Sinnes-Systeme wie Augen, Gleichgewicht und Atmung spielen hinein: Sind sie überfordert, steigt das Stresslevel und der Körper reagiert übertrieben stark.
So entsteht der Eindruck, dass schon kleinste Anstrengungen „zu viel“ waren.
Was kann helfen?
Die gute Nachricht: Es gibt Wege, dem Nervensystem nach Bewegung gezielt Sicherheit zu geben und es zu beruhigen. Dabei geht es nicht um Leistung, sondern um sanfte Signale, die dem Körper vermitteln: „Alles ist in Ordnung.“
Kleine neurozentrierte Übungen nach der Bewegung
Wichtig ist, dass dem Gehirn nach dem Sport über alle Systeme Sicherheit vermittelt wird. Wähle für dich jeweils eine Vagusnerv-Aktivierung, eine Augenübung und eine Gleichgewichtsübung, die du in meinen Kursen postitiv oder neutral getestet hast. Alternativ kannst du die folgenden Übungen durchführen. Mache dann aber unbedingt einen Re-Test. Du solltest keine Übungen machen, die das Unsicherheitsgefühl in deinem Gehirn verstärken!
1. Vagusnerv-Aktivierung: Beruhigende Atmung
Setze dich aufrecht hin, Schultern locker. Atme 4 Sekunden durch die Nase ein, dann 6–8 Sekunden langsam durch den Mund aus – so, als würdest du eine Kerze ganz sanft zum Flackern bringen. Wiederhole 5–10 Atemzüge.
👉 Das verlängerte Ausatmen aktiviert den Parasympathikus, den Ruhemodus.
2. Visuelles System: Sanfte Blickwechsel
Halte den Kopf ruhig und bewege nur die Augen. Schaue 3–5 Mal nach links, dann zurück in die Mitte, danach 3–5 Mal nach rechts. Zum Abschluss sanft blinzeln.
👉 Das entlastet das visuelle System und verbessert die innere Verarbeitung.
3. Gleichgewichts-System: Mini-Balance
Stelle dich auf ein Bein, halte dich bei Bedarf fest. Stehe 10–20 Sekunden, dann wechsle die Seite.
👉 Schon wenige Sekunden fördern das Gleichgewichtssystem und beruhigen das Nervensystem.
4. Schmerzfreie Gelenk-Mobilisation: Gelenkkreise
Bewege eine Schulter oder Hüfte langsam in kleinen Kreisen, immer im schmerzfreien Bereich. 5–10 Wiederholungen genügen.
👉 So bekommt das Gehirn positive Rückmeldungen über sichere Bewegung.
5. Gedanken
Auch deine Gedanken sind ein Informationsgeber für dein Gehirn und spielen bei der Gefahreneinschätzung eine Rolle. Sorge für positive Gedanken während deiner Übungen. Sage innerlich zu dir selbst: "Alle Bewegungen sind gut möglich. Ich bin sicher."
Mini-Routine zum Ausprobieren
In nur 4–5 Minuten kannst du deinem Körper helfen, schneller zu regenerieren und das „verprügelt“-Gefühl zu reduzieren.
Fazit
Wenn du dich nach Bewegung fühlst, als hättest du einen Kampf hinter dir, bedeutet das nicht, dass Bewegung dir schadet. Es ist vielmehr ein Zeichen dafür, dass dein Nervensystem überfordert war. Mit kleinen neurozentrierten Übungen kannst du ihm Sicherheit geben, Schmerzen abmildern und Schritt für Schritt die positiven Effekte von Bewegung wieder spüren.